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Biographische Verarbeitungen und gesellschaftliche Repräsentationen in Ostdeutschland seit den 1970er Jahren

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Publikation, Katharina Kempken, Michaela Mai (Hg.), »Die Jenaer Hofvernissagen 1986–1989. Autonome Kunst und Kultur in der späten DDR.« Deutscher Kunstverlag: Berlin/München 2023.

Katharina Kempken, Michaela Mai (Hg.): „Die Jenaer Hofvernissagen 1986–1989. Autonome Kunst und Kultur in der späten DDR.“ Deutscher Kunstverlag: Berlin/München 2023.
Katharina Kempken, Michaela Mai (Hg.): „Die Jenaer Hofvernissagen 1986–1989. Autonome Kunst und Kultur in der späten DDR.“ Deutscher Kunstverlag: Berlin/München 2023.

Die Buchpublikation erschien anlässlich der Ausstellung »Autonome Kunst und Kultur in der späten DDR. Die Jenaer Hofvernissagen 1986–1989« im Trafo Jena (23. September bis 19. November 2022). Die Ausstellung fand überregionale Beachtung und zählte über 1000 Gäste, die die Ausstellung und/oder Begleitveranstaltungen besuchten. Neben lokalen Medien berichteten MDR Kultur sowie die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Die Geschichte der Jenaer Hofvernissagen wird im Katalog zur Ausstellung Autonome Kunst und Kultur. Die Jenaer Hofvernissagen 1986–1989 en détail dargestellt und vermittelt. Dabei konnte aus den Beständen des Thüringer Archivs für Zeitgeschichte »Matthias Domaschk« (ThürAZ) geschöpft werden. Im interdisziplinären Zusammenwirken von Archiv, Forschungsverbund und durch vielfältige Beiträge und Impulse von Zeitzeug:innen konnte das Projekt schließlich umgesetzt werden.

Von den konkreten Ereignissen der Jenaer Hofvernissagen ausgehend stellt Katharina Kempken die Ergebnisse ihrer Forschungen dar. Deutlich wird in ihrem Aufsatz, wie sich Programm, Bedeutung und Wirkung im Laufe der Jahre entwickelten. Durch die Zusammenführung verschiedener Perspektiven von an den Hofvernissagen Beteiligten und staatlichen Institutionen ergibt sich ein spannender Blick in vielgestaltige Aushandlungsprozesse zwischen Staat und Gesellschaft. Dass es bei den Jenaer Hofvernissagen um weit mehr als um Ausstellungen ging, zeigt Katharina Kempken auf, wobei sie nachvollziehbar macht, inwiefern die Jenaer Hofvernissagen zur Herausbildung einer Gegenöffentlichkeit in der DDR beigetragen haben.

Den Blick weitet der Beitrag von Yvonne Fiedler, die den Fokus auf ähnliche, doch anders geartete Aktivitäten in anderen Städten richtet und die Jenaer Hofvernissagen so in einem breiteren Kontext verortet. Am Beispiel der Galerie De›loch und der ACC Galerie Weimar verweist sie auf die Allgegenwärtigkeit dieser gegenkulturellen Phänomene, die sie zuvor umfassend in ihrer Publikation »Kunst im Korridor. Private Galerien in der DDR« dargestellt hat.
Die Hofvernissagen als Phänomen einer ›anderen‹ Kultur in der DDR beleuchtet Michaela Mai, wobei sie die Jenaer Veranstaltungen als Artikulationen des Widerständigen betrachtet. Dabei werden die Jenaer Hofvernissagen im in/offiziellen Kulturbetrieb der DDR verortet und das Verhältnis von Kunst und Politik in der DDR, aber auch in aktuellen Diskursen über Kunst aus der DDR diskutiert. Schlussendlich steht die Frage im Zentrum, welche Bedeutung den Jenaer Hofvernissagen als Keimzellen demokratischer und pluralistischer Tendenzen auf dem Weg zum Umbruch 1989/90 zukommt – ebenso wie die Frage nach der Haltbarkeit von Begrifflichkeiten, die den Diskurs über die ›andere‹ Kunst in der DDR auch heute noch bestimmen.

In einem letzten Kapitel skizzieren Anna Ebert und Michaela Mai die individuellen Schaffenskontexte und Arbeitsbedingungen der an den Hofvernissagen beteiligten Künstlerinnen und Künstlern in den 1980er Jahren. Ausgehend von Kunstwerken aus der Zeit der Hofvernissagen spannen sie anhand von Bildbetrachtungen den Bogen über die ›Nachwendezeit‹ bis in die Gegenwart. So gehen sie an ausgewählten Beispielen der Frage nach, inwiefern sich mit dem Wandel der staatlichen Strukturen Brüche oder Kontinuitäten im Œuvre und der künstlerischen Praxis feststellen lassen und wohin sich die Künstler:innen bis heute entwickelt haben.

Veröffentlicht am: 11. Dezember 2022, 09:30 Uhr