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‹ zurück zur Aktuelles-ListeRückblick: Carsta Langner, Max Zarnojancyk und Janika Schmidt bei der »Kantine Zone. Analyse und Kritik der DDR«
Vom 22.07.-28.07.2024 fand in Chemnitz das diesjährige Kantine-Festival statt. Das Kantine-Festival lädt jährlich sowohl Wissenschaftler:innen, als auch Künstler:innen und alle Interessierte ein, sich eine Woche lang mittels verschiedener Formate intensiv mit einem Thema auseinanderzusetzen. Nachdem sich in den Jahren zuvor unter anderem mit Walter Benjamin und Rosa Luxemburg jeweils eine Woche lang beschäftigt wurde, stand in diesem Jahr unter dem Namen »Zone« die »Analyse und Kritik der DDR« im Fokus. Ziel des Festivals war es, nach Wirkungsweisen, Mechanismen und den Konsequenzen zu fragen, die die real-sozialistische Vergangenheit begründeten und ermöglichten. Auch Angehörige unseres Forschungsverbundes waren dabei mit inhaltlichen Beiträgen vertreten.
Carsta Langner vom Teilprojekt Solidarität und Gewalt und Vũ Vân Phạm, Künstlerin und politische Aktivistin, diskutierten in einem von Max Zarnojancyk, vom Lehrstuhl Neuere und Zeitgeschichte und Geschichtsdidaktik der Uni Erfurt, moderierten Podium über die Voraussetzungen und Wirkungsweisen von Rassismus in der DDR und der Transformationsgesellschaft.
Dabei machten sie gemeinsam das Spannungsfeld zwischen dem Anspruch an einen sozialistischen Internationalismus einerseits und innergesellschaftlicher Ausgrenzung andererseits auf. Dezidiert standen auch Erfahrungen migrantischer Arbeiter:innen im Fokus. Dabei diskutierten sie unterschiedliche Fragen: Worin bestand widerständiges Handeln von Vertragsarbeiter:innen? Welche verschiedenen gesellschaftlichen Voraussetzungen hatte es? Wie war der institutionelle Umgang in der Bundesrepublik mit den ehemaligen Vertragsarbeiter:innen in der Transformationszeit? Carsta Langner und Vũ Vân Phạm warfen so nicht nur ein Schlaglicht auf die materiellen und ideologischen Voraussetzungen des Rassismus in der DDR, sondern ihr multiperspektivischer Ansatz ermöglichte eine Annäherung an alltägliche Handlungspraxen der Vertragsarbeiter:innen und das Aufzeigen rassistischer Kontinuitäten in der Transformationszeit.
Ungefähr 200 Besucher:innen des Festivals hörten der Diskussion zu. Viele beteiligten sich an der im Anschluss stattfindenden Diskussion. Die Podiumsdiskussion kann wurde gestreamt und kann hier nachgehört werden.
Auch Janika Schmidt, wissenschaftliche Assistentin des Verbundes, wurde vom Kantine-Festival als Referentin eingeladen und führte einen Workshop zur Stalinismuskritik von Leo Kofler durch. Der im »Roten Wien« der 1920er Jahre politisch sozialisierte Marxist, vollzog in der SBZ nicht nur einen kometenhaften Aufstieg zum Universitätsprofessor, sondern er wurde in der jungen DDR zum unfreiwilligen Dissidenten der proklamierten sozialistischen Einheit. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er einer der ersten, die den Stalinismus als spezifische Herrschaftsform der Gesellschaften sowjet-sozialistischer Prägung analysierten und einer marxistisch-humanistischen Kritik unterzogen. Janika Schmidt warf durch die Betrachtung des Erfahrungshintergrundes von Leo Kofler ein Schlaglicht auf das Scheitern Derjenigen, die auf die SBZ/frühe DDR die Möglichkeit der Verwirklichung eines »Dritten Weges« zwischen stalinistisch geprägtem Staatssozialismus einerseits und bürgerlicher Demokratie im Kapitalismus andererseits projizierten. So konnte sich der spezifischen Diktaturerfahrung linkssozialistischer Dissidenten angenähert werden. Janika Schmidt befragte Koflers Stalinismuskritik nach ihren Haupttendenzen und möglichen Fallstricken. Am Workshop nahmen ca. 30 Personen teil. Im Rahmen des Workshops wurde nach dem Input und der Lektüre eines Textausschnitts von Leo Kofler lebhaft über dessen Stalinismuskritik diskutiert.
Weitere Themen, die im Rahmen der »Kantine-Zone« besprochen wurden, waren zum Beispiel:
• Renate Hürtgen, Workshop: »Das Ende einer autonomen Arbeiterbewegung in der DDR«
• Mario Keßler, Vortrag: »Entstehung der DDR: Antworten und neue Fragen«
• Franziska Haug, Workshop: »›Das Mädchen erklärte: Ich bin keine Frau!› Queere DDR-Literatur und schwul-lesbischer Alltag in der DDR«
• Christoph Classen, Vortrag: »Verordnet aber wirkungslos? Zum antifaschistischen Selbstverständnis und seiner gesellschaftlichen Bedeutung in der DDR«
• Katharina Lenski, Workshop: »Sinti in der DDR«
• Andrea Jäger, Vortrag: »Staatlich beauftragte Praxisrelevanz der Literatur der DDR«
• Clemens Villinger, Workshop: »Vom ungerechten Plan zum gerechten Markt? Ökonomische Erwartungen vor, während und nach 1989/90«
Das vollständige Programm sowie ausführliche Ankündigungstexte finden Sie hier.
In den kommenden Monaten wird eine Publikation zur Kantine erscheinen, in welcher die Referent:innen ihre Inputs veröffentlichen werden. Wir werden an dieser Stelle darauf hinweisen.
Veröffentlicht am: 01. August 2024, 13:04 Uhr