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‹ zurück zur Aktuelles-ListeForschungsprojekt, Emilia Henkel, »Leben neben Stacheldraht«
Emilia Henkel, Wissenschaftliche Assistentin im Teilprojekt »Der große Umbruch. Zur Erfahrungsgeschichte der Transformation in Ostdeutschland 1970–2010«, ist eine der Gewinner*innen des Hochschulwettbewerbs 2022. Sie beteiligte sich mit ihrem Forschungsprojekt zu der vielschichtigen Nutzungs- und Rezeptionsgeschichte eines Lagergeländes bei Tambach-Dietharz im Thüringer Wald.
Emilia Henkel: »Leben neben Stacheldraht«
Wer schreibt Geschichte?
Wer schreibt die Geschichte der ersten Asylunterkünfte, die nach der deutschen Einheit in den ostdeutschen Bundesländern aufgebaut wurden? Sind es die ehemaligen Bewohnerinnen, die Chronistinnen der umliegenden Dörfer oder vielleicht jemand, der Geschichte studiert hat, aber keine eigene Erinnerungen mit den Orten verbindet?
Wer hat die Möglichkeit, die Geschichte zu schreiben? Wie verändert sich die Geschichte durch die individuelle Biografie der Person, die sie erzählt, erforscht oder schreibt? Was sehen wir in Quellen? Was bleibt uns verborgen, was anderen auffällt?
Diesen Fragen geht das Projekt anhand der Geschichte der ersten Asylunterkunft Thüringens nach, wo zwischen 1991 und 2003 bis zu 600 Geflüchtete gleichzeitig in einem ehemaligen vormilitärischen Ausbildungslager der DDR mitten im Thüringer Wald bei Tambach-Dietharz auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge warteten. Drei Quellen zur Geschichte dieses Lagers und Hintergrundinformationen werden auf der Webseite des Projekts in fünf Sprachen zur Verfügung gestellt. Menschen mit verschiedenen Bezügen zu dem Thema und dem Ort werden gebeten, diese Quellen zu interpretieren. Ihre Interpretationen werden ebenfalls auf der Webseite sichtbar gemacht, sodass Besucher*innen verschiedene Perspektiven auf dasselbe Schriftstück oder Foto entdecken und vergleichen können. Dadurch soll die Standortgebundenheit geschichtswissenschaftlichen Arbeitens erfahrbar werden.
Das Projektziel ist, den Kern des historischen Arbeitens, die Kritik und Interpretation von Quellen, für Menschen außerhalb der universitären Geschichtswissenschaft transparenter zu machen. Durch die Partizipation vieler verschiedener Menschen am Interpretationsprozess wird sichtbar, wie abhängig die Deutung einer Quelle von der subjektiven Perspektive ist.
Die Webseite ist noch im Entstehen. Für Fragen, Anregungen und Ideen schreiben Sie mir gerne eine Email an emilia.henkel@uni-jena.de
Veröffentlicht am: 31. März 2022, 08:00 Uhr