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‹ zurück zur Aktuelles-ListeMarian Herzog, Bericht zur Veranstaltung „Im Schatten des Alltags – Die konspirativen Wohnungen der Staatssicherheit in der DDR“ am 14. Juli 2025

Am 14. Juli 2025 fand am Oberstufenzentrum (OSZ) Emil-Fischer-Schule in Berlin eine schulinterne Veranstaltung zur Geschichte der DDR statt. Über 20 angehende LebensmitteltechnikerInnen aus dem Fachbereich Ernährung und Hauswirtschaft nahmen daran teil. Ziel war es, zentrale Aspekte der Überwachungspraxis in der DDR zu beleuchten und in einen breiteren historischen sowie gegenwartsbezogenen Kontext zu stellen.
Begrüßung und Einführung
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Martin Zill, Fachlehrer für Deutsch und Politik. Realisiert wurde sie mit Unterstützung des Vereins zur Förderung der Ausbildung an der Emil-Fischer-Schule e. V.
Inhalte des Vortrags
Im Zentrum der Veranstaltung stand ein Vortrag von Marian Herzog, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsverbund Diktaturerfahrung und Transformation an der Universität Erfurt. Herzog gab einen fundierten Überblick über die Überwachungsmechanismen der DDR, insbesondere über die Rolle der Inoffiziellen MitarbeiterInnen (IM) und den strategischen Einsatz konspirativer Wohnungen (KW) durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS).
Anhand historischer Einordnungen wurde deutlich, dass KWs ein zentrales operatives Instrument des MfS waren, um die Bevölkerung im Verborgenen zu kontrollieren. Herzog erläuterte, weshalb das MfS auf solche verdeckten Räume angewiesen war, wie sie eingerichtet wurden und welche verschiedenen Typen es gab – von rein funktionalen Trefforten bis hin zu KW, die zur langfristigen Überwachung öffentlicher Räume genutzt wurden, etwa am Erfurter Hauptbahnhof. Dabei wurde unterstrichen, dass es nicht um Schutz, sondern um gezielte Verfolgung und Kontrolle der Bevölkerung ging.
Ein unerwarteter, aber bereichernder Moment der Veranstaltung war der spontane Beitrag eines Schülers, der von einer eigenen Befragung durch den Militärischen Abschirmdienst der Bundeswehr berichtete. Die eindrückliche Erinnerung dieses Erlebnisses sorgte für einen lebhaften Austausch mit seinen Mitschüler*innen.
Diskussion und Rezeption
In der anschließenden Diskussion zeigten die SchülerInnen großes Interesse – insbesondere an der Funktionsweise von Geheimhaltung, der gesellschaftlichen Wahrnehmung der MfS-Aktivitäten und der Motivation von IM. Auch die Frage nach der Entlohnung und moralischen Verantwortung spielte eine Rolle.
Die lebhafte Beteiligung zeigte deutlich, dass der historische Blick auf Überwachung, Kontrolle und Vertrauensverlust zahlreiche Anknüpfungspunkte zur Gegenwart bietet. Besonders diskutiert wurden Parallelen zur digitalen Medienwelt: Wie funktionieren Algorithmen? Wie entsteht Manipulation heute? Inwieweit vertrauen wir heutigen Informationsplattformen? Auch aktuelle politische Entwicklungen flossen in die Diskussion ein und machten den Transfer von Vergangenheit zur Gegenwart greifbar.
Fazit und Ausblick
Die Veranstaltung hat eindrucksvoll gezeigt, dass das Thema Überwachung in der DDR nicht nur historisch relevant ist, sondern auch gegenwärtige gesellschaftliche Fragen berührt. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sensibilisiert für Formen der Kontrolle, Desinformation und politischen Einflussnahme – sowohl im analogen als auch im digitalen Raum. Eine intensivere Integration solcher Themen in den schulischen Unterricht bietet großes Potenzial für historisch-politische Bildung mit Gegenwartsbezug.
Veröffentlicht am: 17. Juli 2025, 09:55 Uhr